Vielschichtiges Dokudrama über Heinrich Vogeler (1872-1942), berühmter Maler, wegweisender Bewohner der Künstlerkolonie Worpswede und gefeierter Vertreter des deutschen Jugendstils.
Obwohl Vogeler enorm erfolgreich ist, quälen ihn Selbstzweifel. Er stellt seine Kunst radikal in Frage. Auf der Suche nach neuen Eindrücke und Inspiration zieht er als Soldat in den Ersten Weltkrieg - ohne zu ahnen, wie sehr ihn der Krieg verändern wird. Auch sein Werk wird in der Folge tiefgreifend von seinen Erlebnissen beeinflusst.
Mit seiner Kunst war Heinrich Vogeler in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts ein Liebling des Bürgertums. Seine Kriegserfahrungen machten ihn zum Dissidenten, seine politische Haltung zum Exil-Künstler. Vogelers Lebensgeschichte ist eine radikale Sinnsuche in Zeiten großer Umbrüche. Sie wirft universelle Fragen zu Verständnis und Verantwortung von Kunst auf, die in Interviews mit zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffenden diskutiert werden und eine Brücke zum 21. Jahrhundert und dem Kunstbegriff der Gegenwart schlagen.
"Von den Spielszenen wird immer wieder zu Vogelers Gemälden, Zeichnungen und Grafiken geschnitten, und Marie Noëlle ist dabei so klug, diese Werke für sich stehen zu lassen und sie nicht, wie so oft in Malerporträts, mit der eigenen Kamera nachzubauen. Man sieht auch nicht den Künstler mit dem Pinsel in der Hand und im Gegenschnitt dann das gerade fertiggestellte, möglichst berühmte Werk. Am Illusionskino ist Noëlle nicht interessiert. Deshalb ist ihr Film auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt als der ebenfalls in Worpswede gedrehte Spielfilm 'Paula' über Paula Modersohn-Becker von Christian Schwochow aus dem Jahr 2016.
Nein, Marie Noëlle hat keinen Spielfilm, sondern ein Dokudrama gedreht. (...) Die Spielszenen wirken immer ein wenig artifiziell, und die Dialoge bestehen eher aus Aussprüchen, die Informationen vermitteln sollen, statt dass mit ihnen eine glaubwürdige Gesprächssituation geschaffen würde. (...) Durch eine beeindruckende Spielszene (macht Marie Noëlle) spürbar, unter welchem Druck die Exilanten in der Sowjetunion in den Zeiten von Stalins Säuberungen standen. Nach dem Überfall der Deutschen auf Russland wurde Vogeler zwangsweise nach Kasachstan umgesiedelt. Dort verelendete er so schnell, dass er 1942 an körperlicher Schwäche starb. (...)
Marie Noëlle ist ein kluger, komplexer und künstlerisch inspirierter Film gelungen. Er wird dem Menschen Heinrich Vogeler gerecht – und auch seiner Kunst." (Wilfried Hippen, auf: taz.de)