Kommt in einer jüdischen Familie ein Junge zur Welt, trägt der Vater dreizehn Jahre lang die Sünden seines Kindes. Danach gilt ein jüdischer Junge als volljährig und selbst für seine Taten verantwortlich. Für Mädchen kommt dieser Moment bereits mit Vollendung des 12. Lebensjahres.
Dieser Eintritt in die Erwachsenenwelt wird nach jüdischem Ritus mit einer Initiation markiert. Bar Mizwa heißt das für die Jungen, übersetzt soviel wie: Sohn des Gesetzes / der Pflicht. Mädchen feiern Bat Mizwa - Bat heißt Tochter.
Anders als die katholische Firmung oder die protestantische Konfirmation ist der Moment der Religionsmündigkeit im Judentum keine Gruppenzeremonie mit einem festen Datum für alle, sondern eine individuelle Feier. Sie wird in der Regel am Sabbat unmittelbar nach dem 12. bzw. 13. Geburtstag begangen. Zuerst öffentlich in der Synagoge, danach im Familienkreis. Ein einmaliger Anlass, der von allen Beteiligten mit gebührendem Aufwand vorbereitet wird.
Für ihren Film ZORROS BAR MIZWA hat Ruth Beckermann vier Jugendliche aus Wien begleitet: Sharon, Tom, Moishy und Sophie.
SOPHIE ist zweisprachig aufgewachsen. Ihr Fest wird rauschend und mit vielen Gästen gefeiert. TOM ist der Sohn einer israelischen Mutter und eines österreichischen Vaters. Für seine Bar Mizwa reist die Familie nach Jerusalem, damit Tom an der Klagemauer erstmals die Gebetsriemen anlegen kann. MOISHY tritt nach den strengen Gesetzen der orthodoxen Juden in die Gemeinschaft der Erwachsenen ein. Dass sich SHARON, Sohn georgischer Eltern mit sephardischen Wurzeln, den spanischen Volkshelden Zorro als Motto seines Bar-Mizwa-Festes ausgesucht hat, verstärkt den Stress seiner Mutter ebenso wie sein eigenes Lampenfieber.
Sharons Zorro-Leidenschaft bringt zwei weitere Protagonisten dieses Wiener Familienfilms auf den Plan: André Wanne und seine Frau Svetlana sind gefragte Spezialisten für die Video-Dokumentation jüdischer Zeremonien. Je nach individuellem Wunsch und Budget halten sie die Feierlichkeiten im Auftrag der Familien fest. Wer möchte, kann schon vor dem großen Tag einen Film drehen lassen, um damit die Gäste der Bar-Mizwa-Feier zu unterhalten. So kommt es, dass Sharon mit Mantel, Degen und Pferd den Zorro geben darf. Dumm nur, dass seine Mutter die Liebes-Szene, die er besonders gern gespielt hätte, kurzerhand gestrichen hat.
Ruth Beckermanns Film beobachtet die Jugendlichen und ihre Familien einfühlsam und liebevoll, aber auch mit einem feinen Gespür für Ironie und Witz. Selbst Wienerin, dokumentiert sie den Schmäh und die Neugier der Heranwachsenden ebenso wie die widerstreitenden Gefühle der Eltern, die ihre Kinder bald in die Welt entlassen werden.