ECHTZEIT von Hellmuth Costard und Jürgen Ebert ist ein Film wie Gedanken. Über Wirklichkeit und digitalisierte Welt. Ein Film über Ruth und Georg, die es vielleicht gar nicht mehr gibt. Ein Film über "gedachte Kameras", synthetische Landschaften, über (Flug-)Simulatoren und Pershin II.
In essayistischer Manier von Kluge-Filmen führt der Film die bedrohliche Irrealität moderner Computer-Technologie vor. Ein Film, der auf verschiedenen Ebenen erzählt und handelt, die sich - gleich den Zeilen eines Bildschirm-Bildes - gegen Ende immer mehr zu einem Ganzen, zu einem Krimi zusammensetzen.
Unterschiedliche Bilder: Männer, die auf einen Monitor schauen, auf dem eine künstliche Landschaft generiert wird, alte Schwarzweißfotos von Flugzeugen, dressierte Delphine, der Flug einer Rakete, Arbeiter, die in einem Labor Computerteile produzieren. Georg, ein entlassener wissenschaftlicher Mitarbeiter, landet plötzlich in einem irrealen virtuellen Raum, in dem er Ruth begegnet, in die er sich verliebt. Sie konfrontiert ihn mit ihrem Verdacht, dass sie beide gar nicht mehr wirklich leben ... Echtzeit ist ein Begriff aus der Computersprache. Er bedeutet, dass ein Computer so schnell rechnet, wie die Wirklichkeit abläuft, mit der er umgeht. Der Film Echtzeit ist ein experimenteller Film über eine experimentelle Welt. Es gibt darin Landschaften, die nur in digitalisierter Form in Computern existieren, einen Computerfachmann, der nicht mehr so genau weiß, ob er nicht auch nur eine Simulation, ein elektronisches Wesen ist. Aber es gibt auch die Treppenhäuser des größten Baumeisters der deutschen Barockzeit, Balthasar Neumann, und eine Versammlung von Mächtigen in einer kleinen Hauptstadt am Rhein. Insgesamt ist der Film eine Reflektion über die Wirklichkeitsverluste, die die Elektronik über die moderne Welt gebracht hat. (Quelle: www.deutsches-filmhaus.de)
"Mit Echtzeit, seinem pessimistischen Essayfilm über Computer und Menschen, schien Costard zu früh zu kommen", schrieb Hans Günther Pflaum in der Süddeutschen Zeitung im Nachruf auf Hellmuth Costard (1940-2000). Seine "frühe düstere Erzählung über die Symbiose von Computergraphik und Militärtechnik" (Neue Zürcher Zeitung) nahm schon Anfang der 1980er-Jahre eine Diskussion vorweg, die in einer breiten Öffentlichkeit erst etwa ein Jahrzehnt später geführt wurde.